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4. Straubinger Nachhaltigkeitsgespräche

Alternative Nahrungsmittelproduktion

Gut besuchtes Nachhaltigkeitsgespräch des Hochschulstadt-Vereins über alternative Nahrungsmittelproduktion für mehr Umweltschutz und Ernährungssicherheit

Zeitungsartikel

Das hochaktuelle Thema „Alternative Nahrungsmittelproduktion“ stand im Mittelpunkt der vierten Nachhaltigkeitsgespräche am TUM-Campus Straubing, zu dem der Hochschulstadt-Verein am Dienstagabend eingeladen hatte. Die zahlreichen Besucher erhielten Einblicke in alte und neue Verfahren, die Vorteile für die Umwelt und das Klima mit sich bringen. Trotz teils kontroverser Diskussion entstand der Eindruck, dass in der alternativen Nahrungsmittelproduktion viel Potential liegt und sie Perspektiven für die Sicherung der Ernährung bieten kann.Das Problem ist, dass die traditionelle Nahrungsmittelproduktion zu großen Emissionen an Treibhausgasen führt – und das nicht nur im Bereich der Fleischproduktion. Darüber hinaus benötigt sie weitere wertvolle Ressourcen wie Wasser, Energie und landwirtschaftliche Nutzfläche. Mit dem Foto eines typischen bayerischen Wirtshausgerichts – Schweinebraten mit Knödel und Kraut – führte Prof. Dr. Volker Sieber, Rektor des TUM-Campus Straubing, anschaulich in das Thema ein und formulierte die zwei Hauptfragen des Abends: „Können wir etwas anderes essen, dessen Bereitstellung nachhaltig ist? Können wir das, was wir essen, nachhaltiger herstellen?“Viele Möglichkeiten für gute AlternativenMöglichkeiten für eine nachhaltige Nahrungsmittelproduktion gebe es viele, schickte Prof. Sieber vorneweg. Er nannte beispielsweise pflanzenbasierte Alternativen, wie Haferdrink, pilzbasierte Alternativen, Insekten als Nahrungsmittel oder als Tierfutter, algenbasierte Lebensmittel, fermentierte Lebens- oder Futtermittel sowie die vertikale Landwirtschaft.Ein Schwerpunkt des Nachhaltigkeitsgesprächs war die Präzisionsfermentation. Sie stelle aktuell ein großes Thema dar, betonte Prof. Sieber. Es gehe um die Frage, was man mit Biotechnologie erreichen könne. Auf diesem Fachgebiet sei man an der TU München und auch am Campus Straubing sehr aktiv. „Braukessel statt Bauernhof – welche Alternativen haben wir in der Versorgung mit Nahrungsmitteln?“ war auch der Titel des Impulsreferats von Dr. Martin Reich, Autor des Buchs „Revolution aus dem Mikrokosmos – Nachhaltige Ernährung durch Fermentation“ und Projektmanager Bioökonomie.Als Antwort auf die Frage, wie sich zehn Milliarden Menschen nachhaltig ernähren können, würden vor allem drei Lösungsansätze diskutiert, so Dr. Reich: die Intensivierung, der Ökolandbau und weniger tierische Produkte konsumieren. Die einzig richtige Lösung sei jedoch nicht dabei. Nach Meinung Dr. Reichs befindet sich die Lösung der Zukunft „im einzelligen Mikrokosmos“. Die Vorteile bei der Produktion im Braukessel seien beispielsweise ein stark reduzierter Flächenverbrauch, weniger Emissionen und weniger Wasserverbrauch. Die Produktion werde resilienter. Auch geschlossene Kreisläufe könnten geschaffen werden.Bei der von Prof. Dr. Sebastian Goerg (TUM-Campus Straubing) moderierten Diskussion stellte Dr. Andrea Funk von FarmInsect als Unternehmensvertreterin ihr Produkt vor: Futtermittel aus der schwarzen Soldatenfliege. Dr. Malte Rubach (Bayerisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus) nannte die Panik haltlos, dass Ersatzprodukte für Fleisch und Milch zur Abschaffung der Milch- und Fleischwirtschaft führen. Der Grund für den sinkenden Fleischkonsum liege vielmehr in Preissteigerungen. Auch moderne Fermentationstechnologien bräuchten Substrate, die beispielsweise als Mais auf dem Acker stehen, wies Dr. Reich darauf hin, dass die landwirtschaftlichen Flächen bleiben werden.Ernährung ist reine GewohnheitGrößter Hebel für mehr Nachhaltigkeit in der Lebensmittelindustrie sei es, weniger tierische Produkte zu essen, meinte Prof. Dr. Jan Paul Lindner (Technology Assessment, Universität Augsburg). Er habe selbst den Fleischkonsum nicht vollkommen aufgegeben, bekannte er. Aber wenn das Fleisch teurer sei, esse man weniger davon und das Fleisch sei dann auch hochwertiger.Die Konsumentenseite präsentierte Prof. Dr. Jutta Roosen (Lehrstuhl für Marketing und Konsumforschung, TU München). Die Reduzierung der Verantwortung auf den Konsumenten sei vereinfacht. Ernährung sei reine Gewohnheit, kulturelle Traditionen spielten eine große Rolle. Viele der neuen Ansätze ermöglichen es, Fleischersatz zu finden und Traditionen zu bewahren. Allerdings seien diese Lebensmittel teils stark verarbeitet. Dank der Fermentation könnten Lebensmittel in natürlicher Form erzeugt werden.In seinem Ausblick kündigte Toni Hinterdobler, Vorsitzender des Vereins Hochschulstadt, an, die Themen Nahrungsmittelverschwendung und Energieerzeugung sollen die Reihe der Nachhaltigkeitsgespräche abrunden.